Welche Wörter fallen einem zur Beschreibung eines Townships ein? -Ich würde sagen: Charisma, Flair und Kultur!
Aber....., werden jetzt einige sagen.
Schlechte Erinnerung an die Apartheid |
Ja! Während der Apartheid wurden die schwarzen Bewohner Südafrikas über 50 Jahre lang unterdrückt.
Und ja! Es wurden ihnen fast alle Grundrechte genommen.
Und ja! Sie wurden zu Dutzenden in Elendsvierteln zusammengepfercht.
Und ja! Es ist auch wahr, dass die Mehrzahl von ihnen bis heute noch weiterhin in ärmsten Verhältnissen lebt.
Das sind alles Tatsachen, die auf purer Realität beruhen. Und das ist eine knallharte Realität. Diese Realität kann man nicht verleugnen, jedoch kann man ein Stück weiter gehen und die Realität aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Aus dem Blickwinkel eines Township-Einheimischen. Und was man da sieht und fühlt, ist fern ab der knallharten Realität. Man sieht das Charisma, Flair und die einzigartige Kultur des Townships.
In Kapstadt und umzu befinden sich die sogenannten "Cape Flats", besser bekannt als Townships. Südöstlich vom Stadtkern findet man Athlone, Crossroads, Grassy Park, Gugulethu, Khayelitsha, Langa, Lansdowne, Manenberg, Mitchell´s Plain, Nyanga und Philippi. Das älteste, errichtet 1927, trägt den Namen Langa (dt. "Sonne") und das größte namens Khayelitsha (dt. "Neues Zuhause") beherbergt einen Wohnraum für über 1,4 Millionen Menschen.
Zwei von ihnen sind Songs und Odwa. Beide sind in Langa geboren und aufgewachsen und gerne bereit, uns den Flair im Township ein wenig näher zu bringen.
African Gospel Church |
Bobo´s Frisörsalon |
Denn in der Tat spiegelt Langa mit ihren 250.000 Einwohnern eine eigene Stadt für sich wider. Vom Herzen des Townships aus verbreitet sich über die Häuser und Wellblechhütten die Farbe, Energie und Lebhaftigkeit der Bewohner. Sie bereichern die bunte Community mit unterschiedlicher Musik, Sprache, Style und Gerichten. In der Tat spricht es Wahrheit, dass sich hier der Geburtsort Kapstadts Kunst, Unternehmertum und Widerstandskraft befindet.
Nur Frauen brauen das Bier im Township |
Im Township finden die Bewohner alles was sie zum Leben benötigen. Von über Shops, Bars, Restaurants, Schulen, Frisöre über Kirchen, Banken, Postfilialen, eigenen Bierbrauereien ;-) et cetera. Dadurch sind die Einwohner nicht mehr gezwungen den weiten Weg ins Stadtzentrum zu fahren. Ein jedoch weitaus wichtigerer Grund ist: Arbeitsplätze werden geschaffen!
Was aber macht nun das besondere Flair des Townships aus?
Die Mischung machts! Zum einen haben die Wellblechhütten natürlich ihren ganz eigenen persönlichen Charakter und zum anderen stehen hier wundervoll renovierte Häuser neben einfachen Wellblechwohnungen. Das liegt daran, dass 60% der Hütten renoviert und durch internationale Hilfe gekoppelt an südafrikanische Regierungsprogramme neu aufgebaut wurden. So findet man Wellblechhütten Tür an Tür mit schönen und großen Einfamilienhäusern.
Nun ist es nicht nur die architektonische Mischung, die den Charme bestimmt. Die Mischung der Bewohner machts! So wohnt der erfolgreiche Arzt in seinem Beverly-Hills-Haus direkt neben seinem Nachbarn und arbeitslosen Freund, welcher mit seiner siebenköpfigen Familie auf 15m² in der Wellblechhütte haust. "Unmöglich?", fragen wir Songs und Odwa. "Nein", antworten beide einstimmig. Wenn es etwas gibt, was wir nicht im Township finden, dann ist das Neid.
"Wenn du schnell gehen willst, geh alleine.
Wenn du weit gehen willst, geh zusammen."
Das ist nicht nur ein afrikanisches Sprichwort, welches sich seit Her und Je bewahrheitet hat. Auf die Frage, warum Songs immer noch in Langa wohnt, obwohl er einen Job hat, das Collage besucht hat und erfolgreich als Lehrer arbeitet, antwortet er ganz einfach: "That´s my home." Heimatgefühl sowie Gemeinschaft werden hier an erste Stelle gestellt. Und dieses Gemeinschaftsgefühl kann man nicht nur sehen, man kann es auch fühlen.
Hier wohnt Odwa mit seiner Familie |
So gefühlsintensiv beschreibt auch Odwa sein Leben hier im Township. Odwa studiert Tourismus und finanziert sich sein Studium durch Erspartes und Spenden von Freunden und der Community. Er haust in einem Wohnblock mit seiner Mutter und seinen zwei jüngeren Brüdern und schläft aus Platzgründen auf dem Boden. Bewohner wie Odwa blicken nicht aus Neid und Gier zu ihren erfolgreichen Nachbarn rüber, sondern aus Inspiration! Der benachbarte Arzt oder Anwalt erfüllt eine Vorbildfunktion für viele Mitglieder der Community. Und so spürt man in jedem gesprochenen Wort und Blick das Gemeinschaftsgefühl, obwohl man so fremd ist, wie man nur sein kann.
Magda und Vicky |
Vicky´s zweistöckige B&B-Wellblechhaus |
Das spürbare Gemeinschaftsgefühl vermittelt uns auch Vicky aus Khayelitsha. Vicky ist eine Entrepreneurin wie sie im Buche nicht besser stehen könnte, denn Vicky führt seit 13 Jahren erfolgreich ihr kleines Bed&Breakfast im Township, welches auch liebevoll "Südafrikas kleinstes Hotel" genannt wird. Für 250 ZAR kann man eine Nacht in Kapstadts größtem Township verbringen und sich von dem Gemeinschaftsgefühl selbst überzeugen. Doch in diesem Sinne ist Vicky keine Kapitalistin. Denn sie gibt alles, was sie verdient an die Community zurück. So richtet sie jedes Jahr ein riesiges Weihnachtsfest, zu welchem jeder herzlich Willkommen ist, aus oder verteilt jeden Dienstag und Donnerstag Lunchpakete an die benachbarten 200 Kinder in der Community. Und so wächst das Gemeinschaftsgefühl innerhalb des Townships. Durch Inspiration, Hilfe, die Schaffung von Arbeitsplätzen für Nachbarn und Freunde und vor allen Dingen Nächstenliebe.
Das ist die Seite der internen Gemeinschaft im Township. Nicht zu vergessen (und zu verwechseln) ist die Seite der externen Gemeinschaft im Township. Hierbei handelt es sich um Charities, die Community-Zentren aufbauen, NGOs, die Aufklärungsarbeit und AIDS-Hilfe leisten, Organisationen, die ganze Wohnviertel renovieren und Häuser mit Solarzellen ausstatten und Wirtschaftskonzerne, die Schulen aufbauen und in Bildung investieren.
"Kinder sind unsere Zukunft!"
Dieser Satz stammte schon aus Mandels Repertoire. Die Dalukhanyo Vorschule, unterstützt vom Reiseveranstalter Hylton Ross, liefert Plätze für über 50 Kinder. Sobald man die Kinder singen und tanzen hört, ist man dem Gemeinschaftsgefühl völlig verfallen und nicht mehr fremd, sondern Freund.
Jeder, der die Möglichkeit hat, ins Township rauszufahren, sollte diese Gelegenheit unbedingt nutzen. Nicht, um sich vor der furchterregenden Armut zu gruseln, sondern, um sich von der Einzigartigkeit, Vielfalt und dem hingebungsvollen Charme des Townships inspirieren zu lassen!!!!
- Gute und geführte Touren ins Township kann man machen mit: African Eagle
- Übernachtungsmöglichkeiten: Vicky´s Bed&Breakfast
- Entwicklungsprogramme, die Unterstützung herzlich Willkommen heißen:
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