Ist es ein (inter)nationales Vorurteil, dass die Deutschen NUR Bier trinken? Ich kann mit guter Sicherheit sagen, dass es sich in der Tat nur um ein Vorurteil handelt (und im Geheimen hoffen, dass es auch eines bleibt) .
Belehrt wurde meine Person am eigenen Leibe bei der wundervollen und äußerst empfehlenswerten Weinlandtour im Western Cape mit dem Anbieter African Eagle. In den Weinregionen rund um Kapstadt befinden sich über 500 Weingüter, was sich ruhig in Südafrikas Weinexportstatistiken widerspiegeln darf. Über 200 Millionen Liter Wein werden jährlich abgefüllt und tragen dazu bei, dass Südafrikas Weinindustrie den neuntgrößten Platz der Weltrangliste belegt.
Unsere, durch immer mehr Weinkonsum lustiger werdende, Tourgruppe umfasste Publikum aus Australien, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Mauritius. Alle zusammen begaben wir uns entlang des Weges nach Stellenbosch, Franschhoek und Paarl.
Unser erster Stopp auf dem Weg in die kleine und entzückende Universitätsstadt Stellenbosch war die Weinerei namens Zevenwacht. Gehörend zu der Weinregion um Stellenbosch und auf eine 200-jährige Erfahrung blickend, wurde hier jeder Biertrinker bekehrend empfangen. Das Personal in Zevenwacht hat uns nicht nur in die Weinkeller geführt, sondern auch den Prozess der Weinherstellung fühlbar näher gebracht. Ein Wein entsteht vereinfacht in vier Schritten:
1. Maischen, keltern, pressen:
Bedeutet, dass die Trauben per Hand gepflückt werden und in einer Mühle zerdrückt werden. Bei Weißweinen werden die zerdrückten Trauben (Maische) dann noch gepresst (Keltern). Rotweine werden nach dem Gärungsprozess gepresst.
Bei der Gärung entsteht aus dem Zucker der Maische der Alkohol. Hierbei gibt es je nach Traube unterschiedliche Gärzeiten, zwischen sechs Tagen und Wochen, und unterschiedliche Gärtemperaturen.
3. Reifung:
Wein kann unterschiedlich lange in Holzfässern gelagert werden. Ein Rotwein kann bis zu 200 Jahre stehen und immer noch trinkbar sein. Weißweine ruhen kürzer, in der Regel einige Monaten.
4. Lagerung:
Weine werden in Weinkellern bei kühlen Temperaturen um die 15° C gelagert.
Weinprobe bei Zevenwacht |
Von diesem Wissen beflügelt, ging es zur ersten Weinprobe. Hierbei arbeitet man sich von den trockenen Weißweinen wie Sauvignon Blanc, Chenin Clanc und Chardonnay über die Roséweine zu den Rotweinen wie Pinotage, Merlot, Shiraz und Cabernet Sauvignon. Der Pinotage, eine Kreuzung zwischen Pinot Noir und Cinsaut, welcher einen sehr kräftigen Geschmack hervorbringt, ist des Kaps Vorzeigetropfen. Konkurrenz bekommt er aber in der zeitgenössischen Weinproduktion von leichterschmeckenden Verschnitten wie Cabernet Sauvignon oder Merlot. Die bekanntest Vielfalt bei den Weißweinen am Kap ist der Chenin Blanc, wobei sich der Chardonnay und der Sauvignon Blanc zur Sommerzeit an Nachfrage erfreuen.
Auf unserer wunderbaren Tour sollte aber nicht nur der Alkoholpegel steigen, sondern auch die Abenteuerlust. Und so haben wir uns auf den Weg zu unserem zweiten Ziel, dem Weingut namens Spier gemacht. Ebenso zu der Weinregion um Stellenbosch gehörend, bietet dieses hoch diversifizierte Weingut neben Wein auch Golf, Reiten, ein Kunstzentrum und, wichtig, ein Geparden- und Adlerschutzgebiet an. Somit kann man hier, wirklich unglaublich, in unmittelbarer Nähe (ohne Zaun) neben Geparden und, zu meinen Lieblingen gehörend, Uhus stehen.
Das Gebiet um Stellenbosch und die Stadt ihresgleichen ist in jedem Fall einen Besuch wert. An einem schönen Sommertag, wie wir ihn auf unserer Tour erleben durften, kann man sich entlang der Dorp Street in der zweitältesten Stadt Südafrikas von der holländischen Architektur, der Freundlichkeit der vielen jungen Menschen und der auffallenden Dekadenz bezaubern lassen.
"Dekadent" ist auch das richtige Stichwort für unsere zweite Weinprobe gewesen. Diese hat in der Weinerei Tokara (Anno 1722) stattgefunden. Tokara ist bekannt für ihre hochexklusiven, teuren und ausgezeichneten Weine. So darf man dann einen Pinotage 2008 mit Curry-, Schokoladen- und Weihnachtskuchenaroma probieren oder sich zum ersten Mal einen Cabernet Sauvignon 2001 mit Bleistift- und Fenchelaroma unter die Nase halten. "Très décadent", wie meine französischsprachigen Tourcompagnons zu sagen pflegten.
Hugenotten-Denkmal in Franschhoek |
Und diese hatten besonders in Franschhoek, unserer nächsten Destination, sehr viel zu sagen. Zwischen 1688 und 1690 wurden über 200 Franzosen, sogenannte Hugenotten, als religiöse Flüchtlinge ans Kap gebracht. Die damaligen holländischen Herrscher übergaben ihnen das Land um das heutige Franschhoek (dt. französische Ecke). Damit ist der französische Einfluss in dem 6.000 Seelen Dörfchen, welcher sich in den Straßennamen wie La Belle Fleur oder La Vie de Luc erkennbar macht, augenscheinlich begründet. Die Rockety Bridge, gegründet 1797, hat als unser drittes Weinprobe-Etablissement zwar keinen französischen Einfluss, kann ihre Weine aber mit denen in Frankreich messen lassen (und die französischen Tourbesucher zur Weißglut bringen :D ). In Rickety Bridge haben wir dann auch die Gelegenheit bekommen, ein Picknick mit Ausblick auf die vielen und unendlichen Weinberge zu veranstalten.
Weinfarm in Fairview |
Diese Stärkung war bitter nötig, denn unser viertes Weingut namens Fairview (Anno 1693) in Paarl hatte neben einer einzigartigen und heimischen Atmosphäre, eine Riesenauswahl an Weinen sowie Weinproben. Jeweils sechs verschiedenen Weißweine und sechs verschiedene Rotweine durften getestet werden. Hatte man noch beim Betreten des Testraumes auf Fairview die frei rumlaufenden Ziegen auf Grund ihres riesigen Geweihs gemieden, so ist man nach der Weinprobe ohne Scheu an die "kuscheligen" Tiere rangetreten.
Wie man sieht, verbindet so eine Tour nicht nur Menschen verschiedener Kulturen, sondern auch Mensch und Tier. Biertrinker erkennen das Wahre im Leben, nämlich Wein und Weinlaien können, wie mein bestes Beispiel beweist, eine Menge lernen.
Danke African Eagle! Immer wieder gerne!!
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