Das Western Cape, das Land um das Kap, ist eine der spektakulärsten Landschaften der südlichen Hemisphäre. Ein paar Autostunden nordwärts von Kapstadt bestimmen die Cederberge die Topographie. Auf ihrem kargen Grund wachsen die Büsche des Rooibos Tee.
Von Paul Seeberger
Es kann nicht immer Wein sein. Also habe ich mich, nachdem die meisten meiner Winzerfreunde ohnehin genug zu tun haben, in die Cederberge aufgemacht, um mich mit einem anderen – und durch und durch – südafrikanischen Getränk vertraut zu machen. Dabei hatte ich das große Glück, Robert Keller kennenzulernen, der mich in die Welt des Rooibostees einführte, eine Welt, die zum einen tief in die Geschichte führt, zum anderen aber auch demonstriert, wie vielfältig die Vegetation und Pflanzenwelt am südlichen Zipfel Afrikas ist. Und da man Erfahrungen auch teilen sollte, gibt es im Anschluss einen kleinen Text über das vielleicht gesündeste (aber trotzdem leckere) Getränk der Welt.
Dort, wo einst mächtige Zedern standen (die längst der Axt zum Opfer gefallen sind), dominieren heute Millionen grüne Nadelbüsche das braune Terrain. Rooibos, Afrikaans für Rotbusch, ist hier auf einer Fläche von knapp 3000 qkm die Lebensader einer ganzen Region. Gelegentlich durchbrechen jedoch auch rote Einsprengsel dieses grüne Meer. Diese leuchtenden Flecken sind tote und abgestorbene Büsche und verantwortlich für deren Namensgebung.
Rooibos gab es freilich auch schon, als die Cederberge noch von Bäumen bewachsen waren. Damals wurden sie vor allem von einheimischen Bewohnern zur Heilung diverser Krankheiten verwendet. Offiziell aufgebrüht wurden die Nadeln des Rooibos erstmals 1904, Benjamin Grünberg, seines Zeichens russischer Teehändler, sei gedankt. Zwar fand der Tee spontanen Anklang, an zunehmender Reputation gewann er freilich erst in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Das lag zum einen an seinem feinen, leicht nussigen und honigartigen Geschmack – dem immer ein wenig Süße immanent ist und der deshalb bestens ohne Zucker getrunken werden kann – zum anderen jedoch an seinen vielfältigen gesundheitsfördernden bzw. prophylaktischen Eigenschaften.
Rooibos ist in multipler Weise antikarzinogen, -oxidant und -allergisch. Daneben gibt es allerdings auch einige Faktoren denen man einen pro hinzuaddieren kann. Er besitzt natürliche Vitamine, Kalzium, Kalium, Eisen, Fluor, Magnesium und nicht zuletzt exakt 99 ätherische Öle. Rooibos stärkt das Herz, ist angeblich gut für Heuschnupfengeplagte, tut dem Körper gut und was mindestens genauso wichtig ist, er schmeckt auch richtig gut.
Dass dem so ist, liegt an mehreren Faktoren. Zum einen an den Pflanzen an sich, die, nachdem sie manuell und klassisch mit einer Sichel geerntet wurden, in verschiedene Längen gehäkselt werden. Mit Wasser besprüht, machen sie über Nacht einen Fermentationsprozess durch, der ihnen einen rostroten Ton verleiht. Danach wird der Tee auf grossen Betonplatten an der bis zu 45 Grad heissen afrikanischen Sonne getrocknet und in große 400 kg Säcke abgepackt. Diese werden von den Exportfirmen beim Farmer aufgekauft, gesiebt und sterilisiert und in 20 Kg Säcken abgepackt und exportiert. Der meiste Tee wird im Bestimmungsland dann als lose Päckchen oder in Teebeutel verpackt. Das ist die eine relativ simple Seite der Medaille. Auf der anderen Seite stehen Boden und Klima, und da tauchen auch Parallelen zu den besten Weinen Südafrikas auf. Rooibos liebt die sandigen leicht sauren Sandböden am Fuße der Cederberge und das trockene, karge Klima. Der Busch ist aber, anders als die allermeisten Trauben, so kapriziös, dass er auch wirklich nur in dieser Ecke der Welt überlebenswillig ist (und dort auch gleich bis zu 30 Jahre alt wird, sofern er nicht laufend gestutzt wird). Australier haben sich am Rooibosanbau versucht, Kalifornier ebenso. Beide sind gescheitert.
Wenn der Busch also nicht zum Farmer kommt, dann kommt der Farmer eben zum Busch. So lautete zumindest die Devise von Robert Keller. Der Schweizer folgte dem Ruf des Rotbuschs und zog vor einigen Jahren in den Schlagschatten der Cederberge. 375 Tonnen produziert Keller alljährlich, und selbst die alteingesessenen Teeproduzenten loben seine Qualitäten; aufgrund des Bodens und dem Niederschlag ist der Tee keineswegs kontinuierlich gleich: so hat Rooibos mit einem höheren Holzanteil oder kürzeren Schnitt einen gehaltvolleren, intensiveren Geschmack, während möglichst reiner Nadeltee wesentlich sanfter und weicher wirkt, aber von der Farbe edler wirkt.
Damit der Trinkgenuss auch wirklich optimal ist, bedarf es einer gewissen Trinkkultur: So sollte man Rooibos möglichst mit 90 Grad warmem Wasser aufbrühen, damit die Mineralien und Vitamine nicht zerstört werden. Pro Tasse sollte ca. einen Teelöffel Rooibos verwenden und ihn einige Minuten ziehen lassen. Rooibos ist im Gegensatz zu schwarzem Tee nicht bitter und eignet sich auch bestens als Eistee; mit einem Schuss Zitronensaft oder -sirup wirkt er zudem erfrischend. Rooibos ist koffeinfrei (und deshalb auch ein perfektes Getränk für Kinder, oder abends)!
Wer noch immer keine Lust auf Rooibos bekommen hat, der kann natürlich auch weiter gerne Wein trinken. - Einen Versuch jedoch, ist der rote Tee (der eigentlich zu den Hülsenfrüchten zählt) allemal wert.
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