
Ein Roadtrip, der bereits zwei Jahre andauert und über den ganzen Kontinent
führt. Das ist die Suche zweier südafrikanischer Journalisten nach „Africa 3.0“
– dem modernen Entwicklungskontinent. Kevin Bloom und Richard Poplak ernteten
für ihre bisherige Arbeit
südafrikanische und internationale Autorenpreise. Mit ihrem neusten
Projekt touren sie durch ganz Afrika - per Auto, Bus, Flugzeug „Pferd und
boda-bodas“, erzählt Kevin Bloom. „Diese indisch-chinesischen Kleinmotorräder
sind allgegenwärtig und repräsentieren damit am Besten Africa 3.0.“
Vier Jahre Afrika
Poplak und Bloom wollen die „neuen Kräfte erforschen, die den Kontinent
umgestalten.“ Laut Bloom seien diese komplex und ein direktes Zusammenspiel aus
dem Scheitern westlicher Regierungsführung in Afrika und dem aufflammenden
Einfluss der Chinesen. Africa 1.0 habe mit dem Untergang des Kolonialismus
geendet. In Africa 2.0, der nachkolonialen Ära, hätten afrikanische Regierungen
versucht, die westlichen Werte zu halten. Nun schreite Africa 3.0 voran. Die
Reise der beiden Journalisten startete im Oktober 2010 und führte sie in bisher
11 afrikanische Staaten. Auf ihrem Blog berichten Poplak und Bloom täglich über
ihre Erlebnisse und seit Beginn dieser Woche auch im Mail and Guardian, der
größten Zeitung Südafrikas. Im März nächsten Jahres wollen sie ihre Erlebnisse
in einem Buch veröffentlichen, das Mitte 2013 erscheinen soll. Ihre Reise werde
aber noch weitergehen, so Bloom, „bis 2014 und darüber hinaus.“
Chinas
Einfluss

Als zwölftes Land auf ihrer Afrikareise besuchten die Journalisten – China. Die
südöstliche Metropole Guangzhou zählt 10 Mio. Einwohner. Nach dem Vorbild
Little Italys, hat sich hier eine afrikanische Minderheit zu einer
Händlergemeinde zusammengefunden. „Die Einstellung der Chinesen gegenüber
Afrikanern ist alles andere als gastfreundlich“, sagt Bloom. Dennoch
symbolisiere das Zusammenleben in der Stadt auf ganz besonders Weise Africa
3.0: globalisiert, gemeinsam, vernetzt. Dasselbe gilt für Afrika selbst, wo
Poplak und Bloom den zunehmenden Einfluss der Chinesen erkannt haben, ob sie in
Form von Bauunternehmen oder Großfarmbesitzer kommen. Auch Handelsabkommen und
chinesische Entwicklungskredite werden für afrikanische Regierungen zunehmend
attraktiver. Einige Entwicklungsexperten meinen schon lange, dass diese
Beziehung eine effektivere Entwicklungshilfe darstelle als die konservative
Hilfe des Westens. "Die Chinesen haben kein Interesse, sich in die
afrikanische Politik einzumischen", so Bloom. Ihr Interesse gelte
größtenteils der aufstrebenden Wirtschaft. "Der Westen verliert das
Interesse, die Chinesen kommen. Die Wachstumsarten seit 2000 von teils 5%
lassen sich direkt auf diesen geopolitischen Wandel zurückverfolgen."
Unerwähnt lassen die beiden aber auch nicht die Schattenseiten: Die Kritik an
chinesischen Unternehmen sei laut, dass im Glanz des Profits oft die Rechte
afrikanischer Arbeiter übersehen werden. Anders als in Sambia zum Beispiel, sei
der chinesische Einfluss in Simbabwe "weniger positiv und
profitabel", so Bloom. Dort resultieren lukrative Aufträge oft in der
Ausbeutung von Arbeitern.
"Hilfsorgie"
Derzeit posten die Journalisten aus Juba, der Hauptstadt des 2009 unabhängig
gewordenen Südsudans - laut deren erstem Beitrag ein "Johannesburg im
Jahre 1890, zusammengewürfelt fast gänzlich aus Tüchern, Wellblech und
Lehm". Das Straßenbild des neuesten Staats sei geprägt von einer
"Hilfsorgie" und den Landcruisern von internationalen
Hilfsorganisationen. "Es ist ähnlich wie im Osten der DR Kongo, nur
extremer", erzählt uns Bloom aus Juba. Wo man hinsehe, würden Straßen
gebaut, Häuser hochgezogen. In einem brüchigen Nachtclub sei das Team auf
internationale Geschäftsmänner gestoßen. Im Augenblick hätten diese es zwar nur
auf "Wein, Frauen und Musik" abgesehen gehabt, doch sie seien für die
Zukunft des Landes entscheidend. "Juba hat uns erneut die Augen
geöffnet", staunt Bloom. Mit ihrem Potential für Wachstum sei die neueste
Hauptstadt der Welt ein erstaunliches Beispiel für Africa 3.0.
– Markus Schönherr
No comments:
Post a Comment