Desmond Tutu wird in
London für sein beeindruckendes Lebenswerk mit dem renommierten Templeton-Preis
ausgezeichnet. Der ehemalige anglikanische Erzbischof hat sich jahrzehntelang
leidenschaftlich gegen Diskriminierung und Rassismus eingesetzt.
Ein Jahr ist es mittlerweile her, dass einer der letzten
großen Kämpfer für Gerechtigkeit und Gleichheit in den Ruhestand gegangen ist.
Mit 80 Jahren hat sich Desmond Mpilo Tutu, der sich über viele Jahrzehnte
hinweg gegen die Apartheid und für die Rechte von Schwarzen und Minderheiten
einsetzte, aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen.
Tutu in der Kapstädter St George's Cathedral |
Tutu träumte sein Leben lang von einer „Regenbogennation“ –
von einem Land, in dem Hautfarbe, Religionszugehörigkeit und sexuelle Ausrichtung keinen
Grund für Ungleichbehandlung darstellen. Sein Traum hat sich nie ganz erfüllt,
und doch hat der frühere Bischof, der eng mit Nelson Mandela befreundet ist,
viel bewegt.
Tutus Engagement und seine aktive politische Arbeit begannen
mit dem Bantu Education Act, einem rassistischen Gesetz, demzufolge schwarze
Kinder eine schlechtere Ausbildung erhalten sollten als weiße. Nachdem er vier
Jahre in Pretoria als Lehrer gearbeitet hatte, gab er seinen Beruf 1958 auf und
nahm die geistliche Tätigkeit in der Anglikanischen Kirche von Südafrika auf.
Von diesem Zeitpunkt an war er nicht nur die spirituelle Stütze für einen
großen Teil der südafrikanischen Bevölkerung, sondern bot vor allem den
Machthabern des Apartheid-Regimes die Stirn. Ab den 70er Jahren wuchs er mehr
und mehr die Rolle des Hoffnungsträgers gegen die grausame Politik des weißen
Staates hinein.
Sein Widerstand blieb nicht ohne Folgen. Mehrmals ließen
weiße Politiker ihn verhaften, entzogen ihm seinen Pass. Im Gegenzug prangerte
Tutu die angeblich christliche Einstellung der Regierung an. In der
Weltöffentlichkeit wurde dem späteren Bischof immer mehr Beachtung gezollt.
Sein gewaltloses Vorgehen, wie etwa der Aufruf an das Ausland, Südafrika
wirtschaftlich zu boykottieren, wurde 1984 mit dem Friedensnobelpreis
honoriert.
Tutu schwenkt die südafrikanische Flagge in London |
Nelson Mandela nannte Tutu die „Stimme der Schwarzen“, er
selbst bezeichnete sich ironisch als „Quälgeist“ – denn auch wenn das Vorgehen
des Bischofs durchweg friedlich war, so agierte er doch stets streitbar,
furchtlos und traf seine Gegner mit rhetorischer Brillanz. Kritiker sahen in
ihm einen Demagogen – was vor allem daran lag, dass Tutu nach dem Ende der
Apartheid nicht nur in den Reihen der weißen Akteure nach Tätern suchte, sondern
als Vorsitzender der „Kommission für Wahrheit und Versöhnung“ auch Verbrechen
von ANC-Mitgliedern und Kirchen thematisierte. Ein Großteil der Südafrikaner, egal
welcher Hautfarbe, versuchte, die Veröffentlichung des 3500 Seiten langen
Berichtes über Attentate, Morde, Opfer und Drahtzieher zu verhindern. Trotz seiner Verbitterung über das Resultat der
Wahrheitskommission blieb Tutu noch lange Zeit ein Sprachrohr für Gerechtigkeit
und Frieden in der Welt. Leider ist nun, da er sich verdientermaßen aus einem
allzu harten Tagesgeschäft zurückgezogen hat, noch niemand da, um in seine Fußstapfen zu treten
. Von Julia Berghofer
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