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Tuesday, September 29, 2015

Townships und ihre Zukunft


Die Townships Südafrikas sind Überbleibsel der Apartheid und Sinnbild für Diskriminierung. Assoziert mit Armut und Kriminalität, führen sie oft ein Schattendasein.
Um mit diesen Vorurteilen aufzuräumen, gibt es unzählige verschiedene Touren, die den Besuchern das Leben in den Townships näherbingen wollen. Das Leben dort ist nämlich trotz vieler Unterschiede oftmals gar nicht so weit von unserem Alltag entfernt, wie wir uns das vorstellen.

Eine dieser Touren wird von Coffeebeans Routes durchgeführt. Sie nennt sich Township Futures in Cape Town. Es geht jedoch weniger darum, die Townships als solche zu präsentieren. Vielmehr liegt der Fokus darauf, Zukunftsperspektiven für diese Bezirke zu präsentieren. Denn die Townships sind in Bewegung. Seit Jahren kommen immer neue Projekte hinzu, die für mehr Jobs, bessere Infrastruktur oder neue soziale Impulse sorgen wollen und hier durchaus Erfolge aufweisen können.

Genau diese Projekte sollen auf der Tour gezeigt und bekannt gemacht werden. So treffen wir uns morgens um Neun in der Niederlassung von Coffeebeans Routes, welche bezeichnenderweise in der Hope Street liegt. Hier wird uns kurz die Idee der Tour präsentiert. Danach geht es in den Minibus - die nächsten vier Stunden verbringen wir in den Townships Langa und Khayelitsha.

Unser erster Stop ist das Langa Heritage Museum. Hier erhalten wir eine Einführung über die Bedeutung und Geschichte von Langa und lernen hier gleichzeitig, warum Townships überhaupt entstanden sind. Anhand von Luftaufnahmen und anderen Fotografien lässt sich hier gut nachvollziehen, wie das Gebiet sich von einem Arbeitslager zu einem Stadtbezirk entwickelt hat.
Unser Guide erklärt uns anschaulich, wie die Unterdrückung in der Apartheid über Jahrzehnte hinweg perfektioniert wurde. Beispielsweise mussten alle Bewohner der Townships immer ihren Pass bei sich tragen, selbst wenn sie schliefen. Lag ihr Pass auch nur auf dem Tisch neben ihnen, hatten sie ihn offiziell nicht dabei und konnten verhaftet werden.

Das Wachstum Langas von 1938 - 1976. Ursprünglich war es ein Arbeitslager für Männer.
Als Anhaltspunkt für den Vergleich dient das X-förmige Gebäude.



 Langa hat viele dunkle Kapitel miterlebt, doch nun geht es langsam aufwärts. Das zeigt uns besonders die nächste Station, IKhaya le Langa. Es handelt sich um ein Projekt, dass das Viertel sicherer, zukunftssicher und lebswerter machen soll. Wörtlich übersetzt heißt es: Platz, an dem die Sonne aufgeht. Ins Leben gerufen wurde das Projekt von Tony Elvin, einem Briten. Er hat eine alte Schule in einen Kultur-Hub umgebaut. Hier gibt es ein Cafe, Foto-Ausstellungen von lokalen Fotografen, Social-Media Kurse, die von Microsoft gesponsert werden und vieles mehr. Tonys Vision ist es, in Langa eine Art zweites Stadtzentrum neben der City Bowl zu schaffen. Er zeigt uns auf der Karte, wie ihm diese Idee gekommen ist: Betrachtet man Kapstadt inklusive Vororten, bildet Langa ziemlich genau das Zentrum dieses Gebiets. Es ist noch ein weiter Weg, doch Tony ist zuversichtlich, dass seine Ziele erfüllt werden können. Wer mehr über sein projekt erfahren möchte, kann ihm auf Facebook folgen oder seine gerade erst veröffentlichte Internetseite besuchen. Auch hier ist vieles noch unfertig, aber der Stein ist ins Rollen gebracht.

Bevor hier Kapstädter Künstler die Mauer mit Kunst verschönert haben, befand sich hier ein Müllabladeplatz. Dank der Kunst ist es sauberer geworden.


Nun begeben wir uns nach Khayelitsha, dem größten Townships Kapstadts und nach Soweto in Johannesburg das zweitgrößte des Landes. Zusammen mit den informellen Teilen des Gebiets wohnen hier über eine Million Menschen. Bei solchen Ausmaßen wird uns schnell klar, welche Bedeutung die Townships in Zukunft haben könnten: Khayelitsha ist eine Stadt innerhalb einer Stadt. Es gibt hier alles, außer einem Hotel.

Zunächst fahren wir durch die informellen Teile der Siedlung. Wellblechhütten, soweit das Auge reicht. So habe ich mir immer die Townships vorgestellt, bevor ich nach Südafrika gekommen bin. Aber auch wenn die Bedingungen hier sehr ärmlich sind: es gibt Strom, sanitäre Anlagen und das Leben ist nicht aussschließlich gekennzeichnet durch Schmutz und Elend.

Jede Menge Blech...
Nun kommen wir in den Teil des Viertels, der mit normalen Steinhäusern bebaut ist. Hier wird gerade ein hochmodernes Krankenhaus errichtet, es gibt Haltestellen von Bus und Bahn und auch sonst wirkt alles ganz anders, als sich Außenstehende das Leben hier vorstellen. Das nicht alles ganz normaler innerstädtischer Alltag ist, lässt sich an dem kleinen Markt erkennen, wo Fleisch von Fliegen umschwirrt auf einer Holzpritsche angeboten wird und Hühner vor den Augen der Kunden gerupft werden. Dennoch sind die Zustände viel normaler, als viele Besucher es erwarten würden.

Eine typische Marktszene


Ja, es gibt hier wirklich alles.
Unser nächster Stop ist eine kleine Werkstatt mitten im Township. Hier werden Sonnenkollektoren repariert und Wege gefunden, um die Häuser besser zu isolieren. Seit 2008 wurden tausenden neue Sonnenkollektoren auf den Steinhäusern in Khayelitsha installiert, um für günstiges, warmes Wasser zu sorgen. Einige davon stammen aus China und die Montagegerüste rosten recht schnell. In der Werkstatt werden in Eigenregie neue Gerüste geschweißt und andere kleine Arbeiten erledigt. Selbsthilfe wird hier groß geschrieben und Probleme werden unkompliziert und schnell gelöst.
Jeder arbeitet hier Hand in Hand, da die Bewohner wissen, wie wichtig Solidarität für sie ist

Am Ende der Tour fühle ich mich, als hätte mir jemand die Augen geöffnet. Auch wenn Armut, Schmutz und Kriminalität weiterhin große Probleme darstellen, sind die Townships bei weitem nicht die Elendsviertel, für die ich sie aus meiner europäischen Perspektive immer gerhalten habe. Sie haben Potential und die Bewohner zeigen eine unglaubliche Motivation, ihre Lebensbedingungen zu verbessern.
Und die Zukunft wird weiteren Aufschwung bringen. Wenn die Projekte, die wir kennengelernt haben, Wirkung zeigen, werden sich die Townships mittel- bis langfristig stark verändern und eine bedeutendere Rolle in der Stadtentwicklung einnehmen.
Es wird noch viel Zeit vergehen, doch die ersten Anzeichen von Veränderung sind vielversprechend und lassen Hoffnung aufkommen.




Weitere Infos zu Coffeebeans Routes, die auch andere interessante Touren in Kapstadt anbieten, wie zum Beispiel eine Jazz-Tour: http://coffeebeansroutes.com/
Unsere Tour findet jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag statt, dauert ungefähr vier Stunden und kostet 80 USD für Erwachsene und 60 USD für Kinder.



Von: Johannes Huland
©Bilder: Malena Lange

Tuesday, May 26, 2015

Township-Tour: Von innen sieht die Welt ganz anders aus



Bereits beim Landeanflug auf Kapstadt stechen einem die bunten Wellblechhütten sofort ins Auge. Auf dem Weg vom Flughafen in die Innenstadt sieht man die Townships noch genauer. Für unsereins sehen die Armenviertel Langa, Gugulethu oder Khayelitsha von außen unmenschlich aus.
Wie Menschen in diesen sporadisch zusammengezimmerten Hütten leben können, ist von außen unvorstellbar. Doch wer ein Township einmal von innen gesehen hat, sieht die Armenviertel, aber vielleicht auch die Welt mit etwas anderen Augen.

Wenn immer man nach Kapstadt rein oder aus Kapstadt raus möchte, fährt man direkt an den Townships vorbei. Umso häufiger ich an diesen Wellblechhütten vorbei fuhr, desto größer wurde mein Interesse das Innenleben eines Townships zu sehen.

Anfängliche Bedenken lösen sich in Luft auf

Ursprünglich hatte ich mich immer gegen eine Township-Tour gewehrt. Die Armut anderer Leute zu begaffen, verstößt gegen meine Grundprinzipien. Dass die Menschen in den Townships es aber gar nicht als „begaffen“ wahrnehmen, wenn andere Leute sehen möchten wie sie leben, erfahre ich erst als ich mich mit Ortkundigen und Einheimischen unterhalte. Im Gegenteil, die Menschen präsentieren stolz ihre Heimat und Lebenskultur.

Mit diesem Wissen entscheide ich mich für eine geführte Township-Tour nach Langa und Gugulethu. Auf eigene Faust ein Township zu erkunden, davon wird eher abgeraten. Noch immer werden täglich viele Menschen in den Townships getötet. Die Kriminaltätsrate ist unverändert hoch. Einige Townships wie Langa gelten beispielsweise als sicherer als andere. Wobei man auch hier ganz unterschiedliche Dinge hört. Eine Sicherheits-Garantie kann letztendlich niemand geben, da immer und überall „etwas passieren kann.

Los geht die Tour - Erster Stopp: „District Six“

In einem komfortablen Kleinbus geht von der Stadt aus Richtung Flughafen. Zunächst legen wir etwas außerhalb der Stadt einen Zwischenstopp ein. Wir halten im „District Six“-Gebiet. Hier siedelten sich um 1870 freigelassenen Sklaven, Händlern, Künstlern, Arbeitern und Immigranten an. Um 1960 rum wurde die Menschen vertrieben und ihre Häuser abgerissen, um daraus ein Wohnviertel für „Weiße“ zu machen.  Diese und weitere Geschichten rund um das Thema Apartheit und Townships bekommen die Touristen im Bus haargenau vom einheimischen Fahrer erklärt.

Das "District Six"-Gebiet ist unweit von Kapstadt-City entfernt.
Inklusive kurzem Zwischenstopp sind wir nach etwa nach 20 Minuten in Langa. Als wir in das älteste Township Kapstadts einfahren, sind viele Leute auf der Straße. Es ist kurz vor Mittag. Aus dem Kleinbus heraus sehen wir einen kleinen Markt. An einem Stand wird gerade gegrillt. Viele Leute stehen an, um sich hier ihr Mittagessen zu kaufen.

Unser erster Gang führt aber nicht auf den Markt - was ich eigentlich angenommen hatte - sondern in eine Art Berufsschule. Oder besser gesagt, in eine Art Klassenzimmer. Jungen Erwachsenen wird hier beispielsweise beigebracht, wie man eine Internetseite aufbaut. Außerdem stellen die Schüler Schmuck aus Teeschachteln oder anderen Verpackungen her. Willkommen sind alle, die etwas lernen wollen.
Junge Erwachene bereiten sich hier auf ein Leben außerhalb des Townships vor.

Was für ein herzlicher Empfang

Nun geht es auf die asphaltierten Straßen. Die Wellblechhütten, die von der Straße zu sehen sind, gibt es in diesem Bereich nicht. Es sind massive kleine Häuschen, die hier stehen. Es ist wie ein eigener Stadtteil, wo augenscheinlich die „etwas besseren“ wohnen.

Die Menschen rufen uns ein freundliches „Hey“ zu. Sie freuen sich über unseren Besuch - sofort kommt ein kleines Mädchen zu mir angerannt und umarmt mich. Sie ist vielleicht zwei Jahre alt - keinesfalls älter. Sprechen kann sie noch nicht. Wow - mit so etwas hätte ich überhaupt nicht gerechnet.

Sprechen konnte das Mädchen nicht. Ihre Umarmung sprach aber für sich.
Unser Guide gibt ein strammes Tempo vor. Mir ist das ganze etwas zu schnell. Die Eindrücke muss man ja erstmal auf sich wirken lassen. Vorbei geht es an einer Arztpraxis und einer Schneiderei. 

Von weitem hören wir afrikanische Musik, dazu singen Menschen.Die Klänge kommen aus dem „Guga S’Thebe Theatre“ - ein hochmodernes Kunst- und Kulturzentrum, das erst vor kurzem fertig gestellt wurde. Hier können Kinder und Jugendliche gemeinsam lernen, musizieren und tanzen.

Die Tänzer üben für ihre Auftritte


Gesichtsunterricht vor Ort

Anschaulicher Gschichtsunterricht
Nächste Station unserer Walking-Tour ist eine ehemalige Passausgabestelle, die nach Beendigung der Apartheid von der Bevölkerung erst zerstört und nun als Museum wieder aufgebaut wurde. Hier wird uns erklärt, dass ab jeder Schwarze einen Pass bei sich haben und ihn jeder Zeit auf Verlangen vorzeigen musste. Ansonsten ging er direkt ins Gefängnis.




Und weiter geht’s - Nächster Programmpunkt: eine Bierbrauerei inklusive Bierverkostung. Gut, nach Bier schmeckt das Gebräu nicht gerade. Der Schluck aus dem 5-Liter-Blecheimer schmeckt eher süßlich. Dennoch ist die Atmosphäre in der kleinen Holzhütte unter all den Einheimischen, die täglich hier her kommen, etwas Besonderes. Jeder der Männer hat ein Lächeln im Gesicht, die Vorfreude auf das Bier sieht man ihnen an. Trotzdem geben sie wie selbstverständlich den Touristen den gerne Vortritt, wenn es um den ersten Schluck geht. Schnell R10 für einen Schluck Bier hingeblättert und wir brechen auf zur nächsten Station.
Die Bierbrauerei in Langa. Männer warten auf ihren Schluck

Gechillt wird hier in Perfektion

Auf einer freien Rasenfläche liegen ein paar junge Männer, die uns freundlich zurufen. Ich frage unseren Guide, was die Jungs den ganzen Tag so machen. Er lacht und antwortet mir: „Nichts. Sie liegen hier den ganzen Tag rum.“ Viele von diesen Jugendlichen vertreiben sich den Tag mit Alkohol und Drogen. Leider Alltag in den Townships.

Vorbei an einer Schafskopf-Metzgerei und einem Einkaufsladen - der aus Holzbrettern irgendwie zusammengezimmert wurde -  führt man uns an einen kleinen Souvenir-Stand. Dieser hat alles zu bieten, was auch die Geschäfte oder Märkte in der Innenstadt so verkaufen: bunte Metall-Schlüsselanhänger, Holzmännchen, Holzgiraffen und Holzlöffel.
  
Ein Obstladen in einem Township

Schafsköpfe gelten als Delikatesse in SA

„Die Menschen kennen nichts anderes“

Nach einer sehr interessanten und aufschlussreichen Führung durch unseren Guide, der selbst in Langa lebt und die Leute dort kennt, bringt uns der Kleinbus nach Gugulethu. Hier sehen wir die Wellblechhütten aus nächster Nähe. Vor den „Häusern“ hängt Wäsche, Kinder spielen. „Wenn ihr die Leute fragen würdet, wie es ist in diesen Häusern zu leben, würden sie nicht verstehen, was ihr damit meint“, sagt unser Guide und ergänzt: „für die Mensch ist das hier normal. Sie kennen nichts anderes und leben gerne hier. Das ist ihr zu Hause, sie haben gar nicht das Bedürfnis in die Stadt zu ziehen.“

Wäsche hängt vor den Wellblechhütten
In Gugulethui besichtigen wir die Denkmäler der „Gugulethu Seven“ und von „Amy Biehl“. Die „Gugulethu Seven“ waren Freiheitskämpfer, die Mitte der 80er-Jahre im Zuge der Anti-Apartheid-Kämpfe auf von der Polizei an dieser Stelle auf offener Straße erschossen wurden.

Das Amy-Biehl-Monument
Gugulethu Seven Memorial
Biehl, eine US-amerikanische Studentin, die für die Rechte der schwarzen kämpfte wurde 1993 von diesen Leuten umgebracht. Sie hatten sie für eine Feindin gehalten. „Wir haben nur ihre Hautfarbe gesehen“, sagte ihr Mörder Peni 2011 in einem Welt-Interview. Nach vier Jahren Haft begnadigte ihn die Wahrheits- und Versöhnungskommission, die zur Aufarbeitung von Verbrechen während der Apartheid eingerichtet worden war.

Das Township-Restaurant als Ausklang einer beeindruckenden Tour

Unsere letzte Station ist schließlich das berühmte Township-Restaurant Mzoli’s in Gugulethu. Jeden Sonntag pilgern hier Einheimische und auch viele Touristen her, um zusammen zu grillen und bei stimmungsvoller Musik zu tanzen.

Nun geht es zurück in die Stadt. Wieder fahre ich also auf der Autobahn an den Townships vorbei. Nur dieses Mal, ist etwas anders. Ich weiß nun, wie die Menschen dort leben und dass sie gerne dort leben. Sie sind zufrieden mit dem was sie haben und mit dem was sie machen. Einziger Wehrmutstropfen bleibt die Gewissheit, dass täglich einige Menschen in Townships getötet werden.
Eine große Fleischauswahl gibt es in der Mzoli's-Metzgereu
Das Mzoli's-Restaurant in Gugulethu










Eine sehr beeindruckende und lehrreiche Ausfahrt, die einem die Augen ein Stück weiter öffnet und das Leben aus einem anderen Blickwinkel betrachten lässt. Wer einige Tage in der „Mother City“ verbringt, sollte auf alle Fälle auch ein paar Stunden in einem Township verbringen. Es lohnt sich!

Von: Matthias Zahner

Weckdaten der Tour

Anbieter: LaGuGu
Internet: www.lagugu.co.za
Start: Long Street
Dauer: 2,5 Stunden
Abfahrt: Alle 30 Minuten von 9 Uhr bis 15 Uhr
Kosten: vor Ort R290; online: R270