,,Da sind Affen auf der Straße!“ Mit diesem Satz hat mein persönliches Abenteuer begonnen... Ursprünglich komme ich aus der Münchner Innenstadt und habe mein Abitur vor Kurzem gemacht.
Danach hatte ich Fernweh und da kam mir das Angebot eines Freundes meines Vaters gerade recht. Der Freund heißt Helmut und lebt schon seit fast 20 Jahren in Südafrika. Von ihm wurde ich sowie weitere 16 Gäste zu seinem 70. Geburtstag in das Tshukudu Bush Camp in der Nähe des Krüger-Nationalpark eingeladen.
Auf der Fahrt zum Bush-Camp saßen ein paar Affen auf der Straße, die wir in Deutschland nur im Zoo zu Gesicht bekommen. So dachte ich. Umso entzückter war ich natürlich bei diesem Anblick. Für die anderen schien es nichts Besonderes mehr zu sein, für mich war es eine Premiere. Nach ein paar Minuten Weiterfahrt machte mich Chrissi, der Sohn von Helmut, auf eine Giraffe zu meiner Rechten aufmerksam. Vor lauter Begeisterung zückte ich so schnell wie möglich meine Kamera. Vergebens. Chrissi erlaubte sich einen kleinen Spaß daraus, das Münchner-Mädel auf den Arm zu nehmen. Es handelte sich nämlich um eine Giraffe aus Plastik. Sehr witzig. Ich schaute dumm aus der Wäsche und sorgte dementsprechend für Gelächter. Jedenfalls war die Stimmung gerettet. Schließlich kamen wir unserem Ziel immer näher.
Doch vorher noch ein paar Dinge einkaufen...aber sogar beim Einkaufen hatte ich so meine Probleme! Nach dem Bezahlen an der Kasse bin ich zur Abwechslung wieder in ein Fettnäpfchen getappt. Bevor ich es gemerkt hatte, war es schon zu spät und ich blamierte mich bis auf die Knochen. Da hat sich doch tatsächlich ein farbiger Einheimischer unseren Einkaufswagen samt Inhalt schnappen wollen und hatte vor in Richtung Ausgang abzudampfen, so dachte ich. Ich hielt den Einkaufswagen natürlich sofort fest und schnauzte ihn an, bis Helmut mir versicherte, dass das ganz normal in Südafrika wäre. Es handelte sich dabei um einen Angestellten, der dafür bezahlt wurde die Einkäufe zum Auto zu tragen. Mir tat die Aktion wirklich leid und ich fühlte mich nicht gut wegen meines Unwissens.
Endlich im Camp angekommen, machten wir uns über dem Lagerfeuer etwas zu Essen. Vorher noch ein paar Snacks: Chips, Salzstangen und eine Schüssel mit getrocknetem Irgendwas. So neugierig wie ich bin, probierte ich einfach. ,,Was ist das, Chrissi?“- ,,Eidechsenschwänze!“, antwortete er mit einem breiten Grinsen. Das war natürlich ein Scherz, mein Hunger war trotzdem urplötzlich verschwunden. Es war eine südafrikanische Spezialität: getrocknetes Fleisch aus der Tüte. Welch ein Hochgenuss.
Am nächsten Morgen mussten wir früh aus den Federn, denn unser Bush-Camp-Guide, Jacks erwartete uns bereits zu einem sogenannten Bush-Walk. Helmut weckte mich: ,,In einer halben Stunde ist Abmarsch!“ Halbe Stunde? Die Zeit brauche ich schon allein um aus dem Bett zu kommen. Beeilung war angesagt! Ich sprang unter die Dusche, Haare waschen nicht vergessen, und rein in die Klamotten. Dann begab ich mich auf die große Suche nach einer Steckdose für meinen Föhn. ,,Helmut, wir haben gar keine Steckdose im Zimmer!“ - ,,Da brauchst du einen Adapter!“, sagte dieser. Das scheint wohl keine Frucht zu sein, sondern irgendwas, damit mein Föhn in Gang kommt. So etwas hatte ich natürlich nicht und startete den Tag mit pitschnassen Haaren.
Anyway, Jacks wartete schon auf uns. Er stand mit einem typischen Safari-Outfit am Eingang vor dem Bush-Camp. Doch irgendwie fand ich sein Accessoire, das Gewehr, etwas ungewöhnlich. Aber gut, sicher ist sicher. Die Tour dauerte etwa eine Stunde. Nach gerade einmal geschätzten 30 Metern, die erste Spur. Jacks sagte, es sei ein Pfotenabdruck eines Leoparden. Meine Freude hielt sich in Grenzen. So nah am Camp - ein echter Leopard? Nicht ganz so berauschend. Uns wurden aber nicht nur verwischte Tierspuren gezeigt, sondern zu meiner Begeisterung auch noch Pflanzen! Ich muss sagen, manche sahen wirklich interessant aus. Ein paar Heilkräuter weiter, blieben wir schließlich bei der sogenannten ,,Schwiegermutterzunge“ stehen. Die machte ihrem Namen alle Ehre.
Aus dieser Pflanze kann man ganze Körbe oder Netze basteln. Unser Bush-Guide pflückte eine und zeigte uns wie das geht. Ich bekam ein Stück ab und bastelte mir daraus ein Armband. Danach wurden uns Pflanzen gezeigt, die alle einem bestimmten Zweck dienen. Die eine zum Lindern von Schlangenbissen, als auch zum Tee und Feuer machen, die andere zum Zähneputzen und weitere zum Desinfizieren von Wunden. Und zum Schluss noch ein paar riesige Tausendfüßler, die sich nur sehen lassen, wenn es bald regnet. So eine Art südafrikanischer Wetterfrosch.
Nach unserem Spaziergang erwartete uns ein herzhaftes Frühstück und um 16:00 Uhr wurden wir zu einem Bush-Drive erwartet. Das Wetter war kalt und regnerisch und wir wurden in einen großen offenen Geländewagen gesetzt. Großartig, Fräulein Stock hatte nicht daran gedacht, dass es im Bush auch regnen könnte. Alles was ich hatte, war ein Kapuzen-Pulli. Meine Haare habe ich mir also umsonst gewaschen. Egal, ich setzte mich ganz nach vorne, um gemütlich ein paar Fotos mit meiner Kamera knipsen zu können. Gefehlt! Neben dem Fahrer hat es mich so durchgeschüttelt, dass ich selbst fast herunter geflogen bin. Als ich mich ein wenig an das Schaukeln gewöhnt hatte, versuchte ich mich auf die Landschaft zu konzentrieren. Nach einer Weile blieb der Wagen stehen und Jacks zeigte auf zwei Elefanten, die sich gerade um ein Neugeborenes kümmerten. Ich musste dreimal hinschauen, ob die vielleicht nicht auch aus Plastik sind! So etwas habe ich noch nie erlebt und es war wunderschön.
Am Abend machten wir uns im Camp eine schöne Zeit: Grillen, Wein und nette Gesellschaft. Es war ein schöner Abend.
Am nächsten Morgen, um 07:00 Uhr. Angeblich würden wir heute ein paar Löwen sehen. Ja klar, die freuen sich bestimmt. Wir wollten gerade losfahren, als ich bei uns im Camp einen Affen auf dem Tisch sitzen gesehen habe. ,,There is a monkey on the table!“ Für mich wieder einmal ganz spannend, und ich wollte deshalb ein Foto davon machen. Doch bevor ich meine Kamera anmachen konnte, hatte der Ranger den Affen schon verscheucht. Na toll, jetzt hat man einen Affen vor sich auf dem Tisch sitzen und dann wird er verscheucht. Das schien Jacks aber aus Sicherheitsgründen gemacht zu haben, da Affen nicht ungefährlich sind. Wir fuhren los. Nach ein paar Minuten blieb der Wagen stehen und Jacks sagte, wir könnten nun aus dem Geländewagen steigen. Wie jetzt? Ich dachte, das wird ein Drive? Auf das war ich nicht vorbereitet, ich dumme Nuss hatte offene Schuhe an. Wir hatten schließlich auch schönes Wetter gehabt! Wie auch immer, wir stiegen aus und Jacks stellte uns einen zweiten Ranger mit dem Namen David vor. Die beiden erklärten uns, wie wir uns in der Gegenwart von Löwen zu verhalten haben. ,,And be careful when you touch them!“ Bitte was? Wir berühren die Raubkatzen? Ich mit Sicherheit nicht. Als die Löwen auf uns zukamen, war es um mich geschehen. Es waren zwei Baby-Löwen, Shila und Bobayse. Die hätte ich am liebsten mitgenommen und natürlich habe ich die zwei dann doch gestreichelt. Bisher hatte ich so etwas nur im Fernsehen gesehen, umso zauberhafter war dieser Moment.
Unsere nächste Spritztour war mit David um 15:00 Uhr, bei der wir das volle Programm hatten. Büffel, Bush-Chicken, Giraffen, Impalas, Nilpferde, Krokodile, Schakale, Steinböcke, Stachelschweine und Zebras. Manche Tiere haben ein so genanntes ’’follow me sign“, damit ihre Artgenossen wissen, wohin sie bei Nervosität folgen müssen und bei Gefahr fliehen können. Bei Stachelschweinen zum Beispiel hebt sich der Schwanz bei Aufregung. ,,Just like humans!“ kommentierte David. Damit hatte er meiner Meinung nach den Nagel auf den Kopf getroffen.
Später fuhren wir zum Löwen-Territorium. Diesmal handelte es sich aber nicht um kleine zuckersüße Baby-Löwen, sondern um einen ausgewachsenen männlichen Löwen. Der war nicht zum streicheln gedacht! Er sah beeindruckend aus, wir konnten ihn vom Wagen aus gut beobachten, da er nur wenige Meter neben uns seinen imposanten Spaziergang machte. Mich haute diese Begegnung voll aus den Socken, warum weiß ich bis heute nicht. Er kommunizierte mit seinen Artgenossen. David stieg vom Geländewagen und machte für mich ein paar Fotos, bis er dann so nah an dem Löwen war, dass dieser meine Kamera plötzlich abschlabberte. Ich war happy. A lion kissed my camera.
Unser nächster und letzter Stopp war das Leoparden-Gehege, vor dem wir gegen 18:00 Uhr eine kleine Weinpause einlegten. Danach näherten wir uns einem Leoparden, was ihm wohl nicht ganz so gut gefallen hat. Und wer bekam es ab? Ich wurde innerhalb von Sekunden von oben bis unten von ihm vollgepinkelt. Wie er das geschafft hat, bleibt wohl sein Geheimnis. Damit habe ich es wieder einmal geschafft den Rest der Truppe zum Lachen zu bringen. Letztendlich fand ich das nicht mehr ganz so schlimm, kann ja schließlich auch nicht jeder behaupten, einmal von einen Leoparden angepinkelt worden zu sein. Vielleicht lag das auch an meinem Schal mit Leo-Muster, wer weiß.
Es wurde dunkel und wir fuhren zurück zum Camp. Der Ranger gab mir eine große Lampe, mit der ich Ausschau nach Tieren halten sollte. Wenn uns Augen anleuchten sollten, wüssten wir, dass wir nicht alleine sind. Wir fanden ein Bushbaby, das ich am liebsten auch mit nach Hause genommen hätte. Ein Stück weiter glotzten uns auf einmal geschätzte 1000 leuchtende Augen an. Wie gruselig! Es war eine Büffelherde, der ich nachts nicht alleine begegnen möchte.
Zurück im Camp, grillten wir und gönnten uns ein Gläschen Wein. Am nächsten Morgen mussten wir wieder früh aus den Federn, da wir noch einmal zu unserem letzten Bush-Drive erwartet wurden. An diesem Tag war nur ein kleinerer Geländewagen nötig, da ein paar von uns am Abend zuvor etwas zu tief ins Glas geschaut hatten. Während des Drives begegneten wir wieder einigen Impalas, Schakalen und Zebras.
,,You can get out of the car!“, sagte David. Diesmal hatte ich mitgedacht und hatte geschlossene Schuhe an. Wir standen vor einem Geparden-Territorium. Es waren zahme Geparden und ich freute mich sehr mit diesen wunderschönen Tieren Fotos machen zu können. Die Zeit drängte und auf dem Weg zum Wagen mussten wir auf die südafrikanischen Wetterfrösche aufpassen, die uns umzingelten. Schien wohl bald zu regnen!
Auf der Rückfahrt hatte ich das Gefühl, noch nicht abfahren zu wollen, noch nicht.
Doch schon kurze Zeit später saßen wir auch schon im Auto und fuhren in Richtung Heimat. Davor machten wir zwei Zwischenstopps. Bei einer kleinen Farm, auf der ein 2000 Jahre alter Baum stehen soll. Tatsächlich, ich war wirklich erstaunt, welche Naturgewalten es geben kann. Normalerweise bin ich nicht diejenige, die sich für Bäume interessiert, aber das war wirklich der Hammer! Der zweite Zwischenstopp war beim world’s most famous Hippo, Jessica! Eine besondere Nilpferd-Dame, die von Menschenhand aufgezogen wurde und dabei unheimlich zahm ist. Jessica hatte als Baby im Bettchen geschlafen mit Decke und Nuckelflasche. Mittlerweile muss Jessica wegen ihrer Größe auf der Terrasse schlafen und bekommt dennoch jeden Abend ihre 15 Liter Tee und ihre Kuscheldecke. Das alles und noch mehr wurde uns auf einer DVD von Jessica’s Besitzer gezeigt. Danach durften wir die Hippo-Dame füttern, streicheln und sogar einen Knutscher auf die Schnauze geben. Allerdings ist das nur Frauen erlaubt, Männer sind nicht gestattet. Jessica weiß eben was sie will, ganz getreu dem Motto: ,,Männer sind Schweine.“ Als ich ihr die Flasche geben durfte, merkte ich erst, dass sie etwas ganz besonderes war.
Am Ende meiner Reise ließ ich alles Revue passieren und ich wollte einfach noch nicht fahren, weil ich gemerkt hatte, wie gut mir diese Reise getan hat. Es war eine wundervolle Zeit, die ich niemals vergessen werde. Ich war Helmut sehr dankbar. Es war eben ein Urlaub, der etwas anderen Art.
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