Friday, October 29, 2010

Charisma im Township

Welche Wörter fallen einem zur Beschreibung eines Townships ein? -Ich würde sagen: Charisma, Flair und Kultur!

 Aber....., werden jetzt einige sagen. 
Schlechte Erinnerung an die Apartheid
Ja! Während der Apartheid wurden die schwarzen Bewohner Südafrikas über 50 Jahre lang unterdrückt. 
Und ja! Es wurden ihnen fast alle Grundrechte genommen. 
Und ja! Sie wurden zu Dutzenden in Elendsvierteln zusammengepfercht. 
Und ja! Es ist auch wahr, dass die Mehrzahl von ihnen bis heute noch weiterhin in ärmsten Verhältnissen lebt.  
Das sind alles Tatsachen, die auf purer Realität beruhen. Und das ist eine knallharte Realität. Diese Realität kann man nicht verleugnen, jedoch kann man ein Stück weiter gehen und die Realität aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Aus dem Blickwinkel eines Township-Einheimischen. Und was man da sieht und fühlt, ist fern ab der knallharten Realität. Man sieht das Charisma, Flair und die einzigartige Kultur des Townships. 

In Kapstadt und umzu befinden sich die sogenannten "Cape Flats", besser bekannt als Townships. Südöstlich vom Stadtkern findet man Athlone, Crossroads, Grassy Park, Gugulethu, Khayelitsha, Langa, Lansdowne, Manenberg, Mitchell´s Plain, Nyanga und Philippi. Das älteste, errichtet 1927, trägt den Namen Langa (dt. "Sonne") und das größte namens Khayelitsha (dt. "Neues Zuhause") beherbergt einen Wohnraum für über 1,4 Millionen Menschen. 
 Zwei von ihnen sind Songs und Odwa. Beide sind in Langa geboren und aufgewachsen und gerne bereit, uns den Flair im Township ein wenig näher zu bringen. 
African Gospel Church
Bobo´s Frisörsalon
Denn in der Tat spiegelt Langa mit ihren 250.000 Einwohnern eine eigene Stadt für sich wider. Vom Herzen des Townships aus verbreitet sich über die Häuser und Wellblechhütten die Farbe, Energie und Lebhaftigkeit der Bewohner. Sie bereichern die bunte Community mit unterschiedlicher Musik, Sprache, Style und Gerichten. In der Tat spricht es Wahrheit, dass sich hier der Geburtsort Kapstadts Kunst, Unternehmertum und Widerstandskraft befindet.

Nur Frauen brauen das Bier im Township
Im Township finden die Bewohner alles was sie zum Leben benötigen. Von über Shops, Bars, Restaurants, Schulen, Frisöre über Kirchen, Banken, Postfilialen, eigenen Bierbrauereien ;-) et cetera. Dadurch sind die Einwohner nicht mehr gezwungen den weiten Weg ins Stadtzentrum zu fahren. Ein jedoch weitaus wichtigerer Grund ist: Arbeitsplätze werden geschaffen!

 
Was aber macht nun das besondere Flair des Townships aus? 


Die Mischung machts! Zum einen haben die Wellblechhütten natürlich ihren ganz eigenen persönlichen Charakter und zum anderen stehen hier wundervoll renovierte Häuser neben einfachen Wellblechwohnungen. Das liegt daran, dass 60% der Hütten renoviert und durch internationale Hilfe gekoppelt an südafrikanische Regierungsprogramme neu aufgebaut wurden. So findet man Wellblechhütten Tür an Tür mit schönen und großen Einfamilienhäusern. 
Nun ist es nicht nur die architektonische Mischung, die den Charme bestimmt. Die Mischung der Bewohner machts! So wohnt der erfolgreiche Arzt in seinem Beverly-Hills-Haus direkt neben seinem Nachbarn und arbeitslosen Freund, welcher mit seiner siebenköpfigen Familie auf 15m² in der Wellblechhütte haust. "Unmöglich?", fragen wir Songs und Odwa. "Nein", antworten beide einstimmig. Wenn es etwas gibt, was wir nicht im Township finden, dann ist das Neid. 

"Wenn du schnell gehen willst, geh alleine. 
Wenn du weit gehen willst, geh zusammen." 

Das ist nicht nur ein afrikanisches Sprichwort, welches sich seit Her und Je bewahrheitet hat. Auf die Frage, warum Songs immer noch in Langa wohnt, obwohl er einen Job hat, das Collage besucht hat und erfolgreich als Lehrer arbeitet, antwortet er  ganz einfach: "That´s my home." Heimatgefühl sowie Gemeinschaft werden hier an erste Stelle gestellt. Und dieses Gemeinschaftsgefühl kann man nicht nur sehen, man kann es auch fühlen. 

Hier wohnt Odwa mit seiner Familie
So gefühlsintensiv beschreibt auch Odwa sein Leben hier im Township. Odwa studiert Tourismus und finanziert sich sein Studium durch Erspartes und Spenden von Freunden und der Community. Er haust in einem Wohnblock mit seiner Mutter und seinen zwei jüngeren Brüdern und schläft aus Platzgründen auf dem Boden. Bewohner wie Odwa blicken nicht aus Neid und Gier zu ihren erfolgreichen Nachbarn rüber, sondern aus Inspiration! Der benachbarte Arzt oder Anwalt erfüllt eine Vorbildfunktion für viele Mitglieder der Community. Und so spürt man in jedem gesprochenen Wort und Blick das Gemeinschaftsgefühl, obwohl man so fremd ist, wie man nur sein kann. 

Magda und Vicky
Vicky´s zweistöckige B&B-Wellblechhaus
Das spürbare Gemeinschaftsgefühl vermittelt uns auch Vicky aus Khayelitsha. Vicky ist eine Entrepreneurin wie sie im Buche nicht besser stehen könnte, denn Vicky führt seit 13 Jahren erfolgreich ihr kleines Bed&Breakfast im Township, welches auch liebevoll "Südafrikas kleinstes Hotel" genannt wird. Für 250 ZAR kann man eine Nacht in Kapstadts größtem Township verbringen und sich von dem Gemeinschaftsgefühl selbst überzeugen. Doch in diesem Sinne ist Vicky keine Kapitalistin. Denn sie gibt alles, was sie verdient an die Community zurück. So richtet sie jedes Jahr ein riesiges Weihnachtsfest, zu welchem jeder herzlich Willkommen ist, aus oder verteilt jeden Dienstag und Donnerstag Lunchpakete an die benachbarten 200 Kinder in der Community. Und so wächst das Gemeinschaftsgefühl innerhalb des Townships. Durch Inspiration, Hilfe, die Schaffung von Arbeitsplätzen für Nachbarn und Freunde und vor allen Dingen Nächstenliebe. 

Das ist die Seite der internen Gemeinschaft im Township. Nicht zu vergessen (und zu verwechseln) ist die Seite der externen Gemeinschaft im Township. Hierbei handelt es sich um Charities, die Community-Zentren aufbauen, NGOs, die Aufklärungsarbeit und AIDS-Hilfe leisten, Organisationen, die ganze Wohnviertel renovieren und Häuser mit Solarzellen ausstatten und Wirtschaftskonzerne, die Schulen aufbauen und in Bildung investieren. 

"Kinder sind unsere Zukunft!"

Dieser Satz stammte schon aus Mandels Repertoire. Die Dalukhanyo Vorschule, unterstützt vom Reiseveranstalter Hylton Ross, liefert Plätze für über 50 Kinder. Sobald man die Kinder singen und tanzen hört, ist man dem Gemeinschaftsgefühl völlig verfallen und nicht mehr fremd, sondern Freund. 

Jeder, der die Möglichkeit hat, ins Township rauszufahren, sollte diese Gelegenheit unbedingt nutzen. Nicht, um sich vor der furchterregenden Armut zu gruseln, sondern, um sich von der Einzigartigkeit, Vielfalt und dem hingebungsvollen Charme des Townships inspirieren zu lassen!!!!

Thursday, October 21, 2010

Wein? -Nein danke, ich trinke eigentlich nur Bier.

Ist es ein (inter)nationales Vorurteil, dass die Deutschen NUR Bier trinken? Ich kann mit guter Sicherheit sagen, dass es sich in der Tat nur um ein Vorurteil handelt (und im Geheimen hoffen, dass es auch eines bleibt) .

Belehrt wurde meine Person am eigenen Leibe bei der wundervollen und äußerst empfehlenswerten Weinlandtour im Western Cape mit dem Anbieter African Eagle. In den Weinregionen rund um Kapstadt befinden sich über 500 Weingüter, was sich ruhig in Südafrikas Weinexportstatistiken widerspiegeln darf. Über 200 Millionen Liter Wein werden jährlich abgefüllt und tragen dazu bei, dass Südafrikas Weinindustrie den neuntgrößten Platz der Weltrangliste belegt.

Unsere, durch immer mehr Weinkonsum lustiger werdende, Tourgruppe umfasste  Publikum aus Australien, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Mauritius. Alle zusammen begaben wir uns entlang des Weges nach Stellenbosch, Franschhoek und Paarl. 

Unser erster Stopp auf dem Weg in die kleine und entzückende Universitätsstadt Stellenbosch war die Weinerei namens Zevenwacht. Gehörend zu der Weinregion um Stellenbosch und auf eine 200-jährige Erfahrung blickend, wurde hier jeder Biertrinker bekehrend empfangen. Das Personal in Zevenwacht hat uns nicht nur in die Weinkeller geführt, sondern auch den Prozess der Weinherstellung fühlbar näher gebracht. Ein Wein entsteht vereinfacht in vier Schritten: 

1. Maischen, keltern, pressen: 

Bedeutet, dass die Trauben per Hand gepflückt werden und in einer Mühle zerdrückt werden. Bei Weißweinen werden die zerdrückten Trauben (Maische) dann noch gepresst (Keltern). Rotweine werden nach dem Gärungsprozess gepresst. 


2. Gärung: 

Bei der Gärung entsteht aus dem Zucker der Maische der Alkohol. Hierbei gibt es je nach Traube unterschiedliche Gärzeiten, zwischen sechs Tagen und Wochen, und unterschiedliche Gärtemperaturen.


 3. Reifung: 

Wein kann unterschiedlich lange in Holzfässern gelagert werden. Ein Rotwein kann bis zu 200 Jahre stehen und immer noch trinkbar sein. Weißweine ruhen kürzer, in der Regel einige Monaten.

4. Lagerung: 

Weine werden in Weinkellern bei kühlen Temperaturen um die 15° C gelagert.







Weinprobe bei Zevenwacht
Von diesem Wissen beflügelt, ging es zur ersten Weinprobe. Hierbei arbeitet man sich von den trockenen Weißweinen wie Sauvignon Blanc, Chenin Clanc und Chardonnay über die Roséweine zu den Rotweinen wie Pinotage, Merlot, Shiraz und Cabernet Sauvignon. Der Pinotage, eine Kreuzung zwischen Pinot Noir und Cinsaut, welcher einen sehr kräftigen Geschmack hervorbringt, ist des Kaps Vorzeigetropfen. Konkurrenz bekommt er aber in der zeitgenössischen Weinproduktion von leichterschmeckenden Verschnitten wie Cabernet Sauvignon oder Merlot. Die bekanntest Vielfalt bei den Weißweinen am Kap ist der Chenin Blanc, wobei sich der Chardonnay und der Sauvignon Blanc zur Sommerzeit an Nachfrage erfreuen. 


 

 

Auf unserer wunderbaren Tour sollte aber nicht nur der Alkoholpegel steigen, sondern auch die Abenteuerlust. Und so haben wir uns auf den Weg zu unserem zweiten Ziel, dem Weingut namens Spier gemacht. Ebenso zu der Weinregion um Stellenbosch gehörend, bietet dieses hoch diversifizierte Weingut neben Wein auch Golf, Reiten, ein Kunstzentrum und, wichtig, ein Geparden- und Adlerschutzgebiet an. Somit kann man hier, wirklich unglaublich, in unmittelbarer Nähe (ohne Zaun) neben Geparden und, zu meinen Lieblingen gehörend, Uhus stehen.


Das Gebiet um Stellenbosch und die Stadt ihresgleichen ist in jedem Fall einen Besuch wert. An einem schönen Sommertag, wie wir ihn auf unserer Tour erleben durften, kann man sich entlang der Dorp Street in der zweitältesten Stadt Südafrikas von der holländischen Architektur, der Freundlichkeit der vielen jungen Menschen und der auffallenden Dekadenz bezaubern lassen. 




"Dekadent" ist auch das richtige Stichwort für unsere zweite Weinprobe gewesen. Diese hat in der Weinerei Tokara (Anno 1722) stattgefunden. Tokara ist bekannt für ihre hochexklusiven, teuren und ausgezeichneten Weine. So darf man dann einen Pinotage 2008 mit Curry-, Schokoladen- und Weihnachtskuchenaroma probieren oder sich zum ersten Mal einen Cabernet Sauvignon 2001 mit Bleistift- und Fenchelaroma unter die Nase halten. "Très décadent", wie meine französischsprachigen Tourcompagnons zu sagen pflegten.


Hugenotten-Denkmal in Franschhoek
Und diese hatten besonders in Franschhoek, unserer nächsten Destination, sehr viel zu sagen. Zwischen 1688 und 1690 wurden über 200 Franzosen, sogenannte Hugenotten, als religiöse Flüchtlinge ans Kap gebracht. Die damaligen holländischen Herrscher übergaben ihnen das Land um das heutige Franschhoek (dt. französische Ecke). Damit ist der französische Einfluss in dem 6.000 Seelen Dörfchen, welcher sich in den Straßennamen wie La Belle Fleur oder La Vie de Luc erkennbar macht, augenscheinlich begründet. Die Rockety Bridge, gegründet 1797, hat als unser drittes Weinprobe-Etablissement zwar keinen französischen Einfluss, kann ihre Weine aber mit denen in Frankreich messen lassen (und die französischen Tourbesucher zur Weißglut bringen :D ). In Rickety Bridge haben wir dann auch die Gelegenheit bekommen, ein Picknick mit Ausblick auf die vielen und unendlichen Weinberge zu veranstalten.  


Weinfarm in Fairview
Diese Stärkung war bitter nötig, denn unser viertes Weingut namens Fairview (Anno 1693) in Paarl hatte neben einer einzigartigen und heimischen Atmosphäre, eine Riesenauswahl an Weinen sowie Weinproben. Jeweils sechs verschiedenen Weißweine und sechs verschiedene Rotweine durften getestet werden. Hatte man noch beim Betreten des Testraumes auf Fairview die frei rumlaufenden Ziegen auf Grund ihres riesigen Geweihs gemieden, so ist man nach der Weinprobe ohne Scheu an die "kuscheligen" Tiere rangetreten. 

Wie man sieht, verbindet so eine Tour nicht nur Menschen verschiedener Kulturen, sondern auch Mensch und Tier. Biertrinker erkennen das Wahre im Leben, nämlich Wein und Weinlaien können, wie mein bestes Beispiel beweist, eine Menge lernen. 

Danke African Eagle! Immer wieder gerne!!