Lesen
Sie über meine Motivation für ein Jahr nach Südafrika zu gehen,
meinen Alltag im Kindergarten und Hindernisse, die ich zu bewältigen
hatte.
Am 5.September 2011 hieß es für mich Abschied für ein ganzes Jahr von Freunden und Familie nehmen. In Frankfurt stieg ich in das Flugzeug mit dem Ziel Südafrika, Kapstadt. Mein ganz persönliches Abenteuer begann...
Ich bin
Natalie Nonnengießer, mittlerweile 20 Jahre alt und komme
ursprünglich aus Bielefeld, einem schönen Städtchen im Westen
Deutschlands. Während ich pausenlos für mein Abitur im letzten Jahr
paukte, bewarb ich mich nebenbei um einen Freiwilligendienst bei der
Waldorforganisation „Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiner
e.V.“. Diese kooperiert mit „weltwärts“, dem
Auslands-Freiwilligenprogramm des Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Wie alles begann
Ein
großer Wunsch ging für mich in Erfüllung, denn schon früh wusste
ich: Ein entwicklungspolitischer Freiwilligendienst in Kapstadt,
sinnvolle Arbeit leisten, Menschen helfen und mich dabei selbst
weiterentwickeln, das ist, was ich machen möchte!
Schon 2009
hatte ich durch einen Schüleraustausch vier Wochen bei einer
Gastfamilie in Südafrika/Stellenbosch verbracht und mich unmittelbar
in die Schönheit und Varietät der Stadt und des Landes verliebt.
Doch Südafrika hat
auch seine Schattenseiten und die Lebensumstände der schwarzen
Bevölkerung in den Townships schockierten mich. Nie zuvor hatte ich
Menschen so leben sehen und ich fühlte tiefes Mitleid, vor allem für
die Kinder, die oftmals unter katastrophalen Umständen aufwachsen
müssen. Doch je besser ich das Leben in den Townships verstand,
desto mehr wuchs meine Bewunderung für diese Menschen.
Zugang zu Elektrizität, hygienischen Standards und
Trinkwasserversorgung sind keine Selbstverständlichkeit und doch
meistern die Township-Bewohner ihr Leben Tag für Tag, ohne ihre
Lebensfreude und ihren Lebensmut zu verlieren. Mir wurde klar, dass
ich die Menschen und das Leben im Township noch besser kennen lernen
möchte und meinen kleinen Teil dazu beitragen will, diese Menschen
zu unterstützen.
So kam
es, dass ich nach meinem erfolgreich abgeschlossenen Abitur und der
Trägerzusage,die kurz darauf folgte, meine Sachen packte und in
Richtung Süden flog.
Reich und Arm leben nebeneinander
Mittlerweile
arbeite ich nun schon seit über acht Monaten in einem kleinem
Kindergarten namens „Ilitha Educare“ in Khayelitsha, dem größten
Township Kapstadts. Khayelitsha liegt nur knapp über 20 km östlich
von der Innenstadt Kapstadt entfernt und der unvorstellbare Kontrast
zwischen Reich und Arm auf so kleiner Distanz schockierte mich als
Deutsche ungemein.
Khayeltisha entstand zur Zeit der Apartheid, als der schwarzen
Bevölkerung verboten wurde, sich in den Städten niederzulassen.
Somit siedelte sich die schwarze Bevölkerung Kapstadts am Rande der
Stadt in sogenannten „Shaks“ (Wellblechhütten)ein. Meinungen
gehen auseinander, wie viele Menschen mittlerweile in Khayelitsha
wohnhaft sind, denn die Bevölkerung wächst durch starke
Geburtenrate und illegale Einwanderung stetig. Schätzungen liegen
bei 1,5 bis 2 Millionen.
Das „Centre for Creative
Education“
Die
Kindergärten oder „Educare Centres“, wie wir sie nennen (eine
Mischung aus Kindergarten und Kinderkrippe), werden von der
Partnerorganisation, dem „Centre for Creative Education“ hier vor
Ort unterstützt und waldorfpädagogisch inspiriert. Das „Centre
for Creative Education“ wurde 1993 in Kapstadt gegründet und ist
die einzige Ausbildungsstätte für Waldorfpädagogik in Afrika. Zehn
Educare Centres in verschiedenen Townships Kapstadts, sowie
„Zenzeleni“, die einzige Waldorfschule in Khayelitsha, genießen
derzeit antroposophische Unterstützung. Zahlreiche Workshops helfen
den „Mamas“ Erziehungsmethoden neu zu überdenken und pädagogisch
wertvolle Aktivitäten zu erlernen und umzusetzen. Über 30
Freiwillige aus Deutschland entsendet das „Centre for Creative
Education“ zusätzlich seit drei Jahren in die Kindergärten und in
die Schule, um die „Mamas“ und die Lehrer und Lehrerinnen zu
entlasten und zu unterstützen.
Der
Kindergarten, in dem ich arbeite befindet sich in der Site C in
Khayelitsha und betreut offiziell 70 Kinder. Diese 70 Kinder sind
nach ihrem Alter in drei verschiedene Gruppen unterteilt.
Ich wurde in die Babygruppe eingesetzt, da die Erzieherin
überfordert gewesen ist mit knapp zwanzig Kleinkindern und
Säuglingen in einem viel zu kleinem Raum. Anfangs war ich geschockt
von den Umständen und Bedingungen im Kindergarten. Einen geregelten
Tagesablauf für die Kinder gab es nicht, das einzige was auf dem
Programm stand, war Füttern, Windeln wechseln und Schlafen legen.
Allerdings konnte ich auch schnell nachvollziehen, dass es für die
Erzieherin beinahe unmöglich war, noch mit den Kindern raus zu gehen
und sich intensiv mit ihnen zu beschäftigen, denn dafür sind es
einfach zu viele Kinder, zu wenig Platz und Mangel an Materialien.
Ilitha verfügt leider nur über sehr kleines Außengelände,
beziehungsweise handelt es sich eher um einen düsteren Hinterhof, wo
sich das kleine Klettergerüst seinen Platz mit Toiletten und
Mülltonnen teilen muss. Austoben ist daher kaum möglich für die
kleinen Knirpse.
Veränderungen in Ilitha
Die
ersten Wochen nach meiner Ankunft im letzten September, habe ich
mich noch sehr zurückgehalten und zunächst viel beobachtet. Ich
habe versucht, die Erzieherin, mit der ich von nun an
zusammenarbeiten sollte und die Kinder kennen zu lernen. Nach und
nach beschäftigte ich mich damit, was ich im Kindergarten verändern
könnte und so führte ich nach 1 ½ Monaten ein Tagesprogramm ein.
Dieses Programm beinhaltet neben festen Essenszeiten, einen
Morgenkreis, regelmäßiges Singen auf Englisch und Xhosa, das
tägliche Raus gehen zu einem nahe gelegenem Spielplatz und das Zähne
putzen mit den zwei bis dreijährigen, wofür ich die nötigen
Zahnbürsten angeschafft habe.
Ein unüberbrückbares
Kommunikationsproblem
Eine
weitere Hürde war die Sprachbarriere. Die Kinder werden in der
Xhosa-Sprache großgezogen und das Englisch der Erzieherin ist eher
gebrochen. Mein Xhosa-Wortschatz reicht leider auch nach über acht
Monaten nicht viel mehr als über „Molweni, kunjani? ( Hallo, wie
geht`s)aus, was die Arbeit erheblich erschwert.
Der Abschied naht
Jedoch muss ich sagen, dass ich mich mittlerweile
sehr wohl in Ilitha fühle und gerne dort arbeite. Mir macht die
Arbeit mit den Kindern unglaublich viel Spaß und ich habe das
Gefühl, dass ich eine wichtige Bezugsperson für viele Kinder
geworden bin. Auch mir sind die Kinder wirklich wichtig geworden und
viele sind mir sehr ans Herz gewachsen.
An den Abschied
in vier Monaten mag ich gar nicht denken!
Autor: Natalie Nonnengiesser
No comments:
Post a Comment