1.655 Kilometer,
über 20 Stunden, ein quietschroter Bakkie.
Auf geht´s
Vier deutsche
Freiwillige wagen sich übermütig auf diesen Trip: In zehn Tagen bis nach Durban
und wieder zurück. „Du spinnst“ sagte meine Mutter am Telefon als ich ihr davon
erzählte. Was soll’s, man ist nur einmal jung! Nur das Nötigste wird in den
Rucksack gepackt, eine löchrige Matratze in den Bakkie gelegt und viele Decken
und Kissen dürfen der Gemütlichkeit halber nicht fehlen. Genauso wie unser
liebevoll genannter „Fresskorb“, der bei jeder Hungerattacke Schokokekse und
Nudeln mit Tomatensoße bereithält. Für unseren Roadtrip bot sich die N2 entlang
der Garden Route super an.
Vorbei an den wunderschönen
Vorbei an den wunderschönen
Das Western Cape mit seinen Overbergen |
Overbergen, die umgeben
von neuem frischen Grün sind, vorbei an Knysna, die Stadt die bekannt für ihre köstlichen Austern ist, eine kurze
Pinkelpause irgendwo am Straßenrand und ein weiterer
Stopp in Plettenberg Bay um das Deutschlandspiel
gegen Griechenland nicht zu verpassen. Juhuu,
Deutschland hat gewonnen! Noch schnell wird auf den
Sieg angestoßen aber dann geht´s auch schon
weiter, vorbei an der Bloukrans Bridge mit der höchsten
Bungee Jump Anlange der Welt bis nach East London,
wo wir die letzten Stunden vor Sonnenaufgang
schlafend im Auto verbrachten.
Es war überraschend warm, Temperaturen, die
wir aus Kapstadt seit dem Herbstbeginn nicht
mehr gewohnt waren. Übermüdet aber gut
gelaunt entschlossen wir uns daher am Strand der
Sunshine Coast zu frühstücken und die warmen Sonnenstrahlen zu genießen.
Was für´s Auge |
Unseren nächsten Zwischenstopp
planten wir in Coffee Bay. Wir ließen die Sunshine Coast ruckzuck hinter uns
und fuhren durch die unglaublich weite Landschaft der Transkei, die bestückt
ist mit kleinen bunten Steinhäuschen, welche der traditionell gesinnten und fast
ausschliesslich schwarzen Bevölkerung ein Zuhause bieten. Gelegentlich
versperrten uns Kühe, Esel oder träge Schafe den Weg auf der Schotterpiste aber
dennoch erreichten wir am späten Nachmittag unser Ziel an der Wild Coast.
Voller Enthusiasmus erklommen wir direkt nach unserer Ankunft einen kleinen
Berg um die wunderbare Sicht auf das bekannte „Hole in the Wall“ zu genießen.
Wow!
Coffee Bay: Ein Muss für Naturfanatiker |
Horrortrip im
Minibustaxi
Der Sani Pass an
der Grenze zwischen Südafrika und Lesotho stand noch auf unsere
Sightseeing-Liste. Daher ging es zunächst nach Underberg am Fuße der
Drakensberge. Einheimische und Touristen schüttelten nur vehement mit dem Kopf
als wir uns erkundigten, ob wir nicht mit unserem roten Flitzer den Pass
hochfahren könnten. Wir entschlossen uns dann doch für das 4x4 Minibus-Taxi,
wobei wir leider noch nicht ahnten, was auf uns zukommen wird...Total überfüllt
und überladen saßen wir nun in dem Minibus, angekuschelt an wildfremde Menschen
und keine Möglichkeit sich nur einen Zentimeter zu bewegen. Bei den Passagieren
handelte es sich größten Teils um Basotho, die zum Einkaufen wichtiger
Lebensmittel nach Underberg kamen und nun wieder auf der Heimfahrt nach
Mokhotlong/Lesotho waren, plus WIR - vier ahnungslose Deutsche.
„Naja, muss man
mal erlebt haben“, sagte ich mir. Dennoch fragte ich mich immerzu, wie dieser
angeblich taugliche Van da bloß hochkommen soll, wenn er doch schon bei
leichter Steigung ins Stocken gerät? „Das ist ein Abenteueeeer!“, versuchte ich
mir einzureden, jedoch wuchs meine Angst mit jeden Höhenmeter und irgendwann
war mir gar nicht mehr nach Abenteuer zumute und ich schloss einfach die Augen.
Vielleicht sprach ich auch noch ein kurzes Gebet, ich weiß es nicht mehr so
genau.
Schon bald war
die Umgebung um uns herum nicht mehr grün und ausgetrocknet sondern vereist und
mit Schnee bedeckt. Da haben wir den Salat, kurz bevor wir die Spitze
erreichten, geriet das Minibustaxi in einer vereisten Kurve so ins Rutschen, dass
kein Bremsen mehr half. Ich sah den Abgrund immer näher kommen. Nicht zu
vergessen, wir befanden uns auf knapp 2800 Metern Höhe! Panik brach aus, die
Insassen fingen an zu schreien. Spätestens jetzt fing ich an zu beten – danke,
ich wurde erhört! In letzter Sekunde hielt das Fahrzeug an und alle nahmen ihre
Beine in die Hände um die letzten Meter zu Fuß zu bezwingen. Anstrengend war´s,
das könnt ihr mir glauben aber dafür sicher!
Es lohnt sich: Die Aussicht vom Sani Top |
Eine
kulturelle Erfahrung fernab der Zivilisation
Man kann sich
kaum vorstellen, was für eine Schweinekälte auf dem Sani Top herrschte aber die
malerische Aussicht genügte als Entschuldigung. Nachdem wir uns unseren Stempel
an der Grenze holten, statteten wir dem Highest Pub in Africa einen Besuch ab
um uns mit einer heißen Schokolade am Feuer aufzuwärmen. Ansonsten gab es auf
dem Sani Pass nur noch ein kleines Dorf mit geschätzten 50 Einwohnern, die in
niedlichen Steinhäusern mit Strohdächern leben. Drumherum befand sich nur
schneebedeckte Landschaft, Wildnis und weit und breit keine Zivilisation.
Ein
faszinierender Anblick!
Aufgrund der
schlechten Straßenqualität fuhr an jenem Tag leider kein Minibus mehr zurück
oder weiter nach Mokhotlong. Wir saßen fest! Aber das Schicksal meinte es gut
mit uns und wir kamen mit einem Einheimischen ins Gespräch, der uns prompt eine
Schlafgelegenheit in seinem Dorf anbot. Diese Gelegenheit nutzten wir natürlich und traten ein in die Welt der
Basotho. Das ganze Dorf empfing uns unglaublich warmherzig und stellte uns eins
ihrer winzigen Steinhäuschen zur Verfügung. Sie brachten uns Matratzen, viele
Decken und entzündeten ein Feuer, damit uns die Zehen bloß nicht abfrieren. Bis
spät in den Abend saßen wir noch mit den Dorfbewohnern zusammen und
unterhielten uns über Traditionen, Kulturen und die Lebensbedingungen auf dem
Sani Pass.
Bewunderung für
diese Menschen stieg in mir auf. Sie leben dort, wo Touristen nur einen kurzen
Stopp einlegen um Fotos zu schießen. Sie leben ohne jeglichem Komfort. Ohne Strom
und fließend Wasser. Tagtäglich muss Wasser aus dem nahe gelegenem Fluss geholt
werden. Tagtäglich muss mühsam Feuer gemacht werden. Sie leben wie eine große
Familie miteinander und teilen ihr Hab und Gut untereinander. Sie nahmen uns
wie Familienmitglieder auf und kümmerten sich rührend um uns.
Das Dorf der Basotho auf dem Sani Pass |
Es war eine wunderbare, beeindruckende Erfahrung in die Welt der Basotho eintauchen zu dürfen.
Der Abschied fiel schwer, jedoch werde ich dieses Erlebnis noch lange in
Erinnerung behalten. Es zählt definitiv zu meinem persönlichen Highlight dieser
Reise.
Multikulti-Metropole
Durban
Nun endlich näherten
wir uns unserem eigentliches Ziel der Reise: Durban.
Schneller als
erlaubt düsten wir wärmeren Temeraturen entgegen. Durban hieß uns mit über 20°C
Willkommen. Der Temperaturunterschied war überwältigend, dabei liegen Durban
und der Sani Pass nur drei Autostunden auseinander.
Wir packten also
unsere T-Shirts aus und begaben uns auf eigene Faust auf eine kleine
Stadtbesichtigung. Wir statteten dem Botanischen Garten einen Besuch ab, ließen
uns von Muslimen in die größte Moschee der Südhalbkugel einladen, die täglich
bis zu 7000 Gläubigen Raum zum Beten bietet. Danach bummelten wir durch das
bunte indische Viertel, wo es des landestypische Gewürze, geräucherte
Tierskelette und Videokassetten von 1983 zu kaufen gibt.
Die Skyline Durbans |
Gestresst von so viel Trubel und
erschlagen
von den unterschiedlichen Facetten Durbans, war am
nächsten Tag relaxen angesagt. Wir hatten ein wundervolles Frühstück am Strand mit einer Bilderbuch-Skyline im Rücken.
Dennoch wollten wir uns Durban
noch von oben anschauen und fuhren am Moses
Mabhida Stadion mit der Seilbahn auf eine 104 Meter hochgelegene Aussichtsplattform und ergatterten eine wunderbare Sicht auf den
indischen Ozean und die Stadt.
Kurzer
Abstecher bei dem International Arts Festival
Und so schnell
war die Zeit auch schon um. Wir mussten uns Stück für Stück zurück auf den Weg
in die Mother City begeben, jedoch konnten wir es nicht lassen ein letztes Mal
am Strand zu frühstücken und so landeten wir in Port Shepstone an der Sunshine
Coast und ließen es uns gut gehen. Mit neuer Energie geladen hieß unser
letzter, spontaner Stopp - Grahamstown.
Eine ruhige,
niedliche Studentenstadt im Eastern Cape, die einmal im Jahr wegen dem größten International Arts Festival Afrikas, in den Schlagzeilen gerät.
„Perfect Timing“, dachten wir uns und so machten wir die kleine Stadt unsicher
und ließen uns von dem vielfältigen Programm des Festivals überraschen.
Wir schlenderten
über den Markt, wo es jegliches Gedöns zu kaufen gab, sahen uns einige Theater-
und Tanzvorstellungen an und auch für ein Jazzkonzert und Kunstausstellungen
konnten wir uns begeistern. Abends erkundeten wir das unterhaltsame Nachtleben
der Studentenstadt und nach einer kurzen Nachtruhe machten wir uns in Richtung
Kapstadt auf.
Die letzten
Meter ohne Schokokekse
Und wieder
passierten wir Port Elizabeth, auch bekannt als „The windy City“, das Surferparadies
Jeffrey´s Bay, die Lagunenstadt Wilderness und, und, und. Doch dieses Mal waren
die Schokokekse bereits alle aufgefuttert und Nudeln mit Tomatensoße konnte ich
nicht mehr sehen, geschweige denn essen. Die Nerven waren am Ende, abwechselnd
wurde in die Runde „Wann sind wir endlich da?“ gerufen und für kurze
Pinkelpausen am Straßenrand hatte auch kaum einer mehr Geduld. Aber was soll
man machen, wenn einem nun mal die Blase drückt? Wie dem auch sei, erschöpft
aber mit vielen neuen Eindrücken und Erlebnissen im Gepäck kamen wir doch noch
wohlbehalten von unserem Marathontrip Zuhause in Kapstadt an.
Autor: Natalie
Nonnengiesser
No comments:
Post a Comment