Vier Jahre Afrika
Poplak und Bloom wollen die „neuen Kräfte erforschen, die den Kontinent
umgestalten.“ Laut Bloom seien diese komplex und ein direktes Zusammenspiel aus
dem Scheitern westlicher Regierungsführung in Afrika und dem aufflammenden
Einfluss der Chinesen. Africa 1.0 habe mit dem Untergang des Kolonialismus
geendet. In Africa 2.0, der nachkolonialen Ära, hätten afrikanische Regierungen
versucht, die westlichen Werte zu halten. Nun schreite Africa 3.0 voran. Die
Reise der beiden Journalisten startete im Oktober 2010 und führte sie in bisher
11 afrikanische Staaten. Auf ihrem Blog berichten Poplak und Bloom täglich über
ihre Erlebnisse und seit Beginn dieser Woche auch im Mail and Guardian, der
größten Zeitung Südafrikas. Im März nächsten Jahres wollen sie ihre Erlebnisse
in einem Buch veröffentlichen, das Mitte 2013 erscheinen soll. Ihre Reise werde
aber noch weitergehen, so Bloom, „bis 2014 und darüber hinaus.“
Als zwölftes Land auf ihrer Afrikareise besuchten die Journalisten – China. Die südöstliche Metropole Guangzhou zählt 10 Mio. Einwohner. Nach dem Vorbild Little Italys, hat sich hier eine afrikanische Minderheit zu einer Händlergemeinde zusammengefunden. „Die Einstellung der Chinesen gegenüber Afrikanern ist alles andere als gastfreundlich“, sagt Bloom. Dennoch symbolisiere das Zusammenleben in der Stadt auf ganz besonders Weise Africa 3.0: globalisiert, gemeinsam, vernetzt. Dasselbe gilt für Afrika selbst, wo Poplak und Bloom den zunehmenden Einfluss der Chinesen erkannt haben, ob sie in Form von Bauunternehmen oder Großfarmbesitzer kommen. Auch Handelsabkommen und chinesische Entwicklungskredite werden für afrikanische Regierungen zunehmend attraktiver. Einige Entwicklungsexperten meinen schon lange, dass diese Beziehung eine effektivere Entwicklungshilfe darstelle als die konservative Hilfe des Westens. "Die Chinesen haben kein Interesse, sich in die afrikanische Politik einzumischen", so Bloom. Ihr Interesse gelte größtenteils der aufstrebenden Wirtschaft. "Der Westen verliert das Interesse, die Chinesen kommen. Die Wachstumsarten seit 2000 von teils 5% lassen sich direkt auf diesen geopolitischen Wandel zurückverfolgen." Unerwähnt lassen die beiden aber auch nicht die Schattenseiten: Die Kritik an chinesischen Unternehmen sei laut, dass im Glanz des Profits oft die Rechte afrikanischer Arbeiter übersehen werden. Anders als in Sambia zum Beispiel, sei der chinesische Einfluss in Simbabwe "weniger positiv und profitabel", so Bloom. Dort resultieren lukrative Aufträge oft in der Ausbeutung von Arbeitern.
Derzeit posten die Journalisten aus Juba, der Hauptstadt des 2009 unabhängig gewordenen Südsudans - laut deren erstem Beitrag ein "Johannesburg im Jahre 1890, zusammengewürfelt fast gänzlich aus Tüchern, Wellblech und Lehm". Das Straßenbild des neuesten Staats sei geprägt von einer "Hilfsorgie" und den Landcruisern von internationalen Hilfsorganisationen. "Es ist ähnlich wie im Osten der DR Kongo, nur extremer", erzählt uns Bloom aus Juba. Wo man hinsehe, würden Straßen gebaut, Häuser hochgezogen. In einem brüchigen Nachtclub sei das Team auf internationale Geschäftsmänner gestoßen. Im Augenblick hätten diese es zwar nur auf "Wein, Frauen und Musik" abgesehen gehabt, doch sie seien für die Zukunft des Landes entscheidend. "Juba hat uns erneut die Augen geöffnet", staunt Bloom. Mit ihrem Potential für Wachstum sei die neueste Hauptstadt der Welt ein erstaunliches Beispiel für Africa 3.0.
– Markus Schönherr
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